Praxisnahe Beispiele für das Handwerk schaffen
Die Experten vom Fraunhofer IOSB-INA sorgen im KIDiHa-Projekt für die Umsetzung konkreter KI-Anwendungen für das Handwerk. Wir haben Nissrin Arbesun Perez in der SmartFactoryOWL, einer gemeinsamen Einrichtung des Fraunhofer IOSB-INA und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, besucht. Hier stehen Forschung, Qualifikation und Transfer von Technologien der digitalen Industrie im Mittelpunkt. Die SmartFactoryOWL versteht sich als ein Industrie 4.0 Reallabor. Das bedeutet, dass Lösungsansätze rund um die digitale Fabrik insbesondere für mittelständische Unternehmen demonstriert und in die Anwendung gebracht werden. Im Gespräch erklärt Nissrin Arbesun Perez, welche Möglichkeiten Künstliche Intelligenz dem Handwerk bieten.
Welche Rolle spielt das Fraunhofer IOSB-INA im Projekt „Künstliche Intelligenz und Digital Offensive für das HandWERK in NRW“?
Wir haben hier in der SmartFactoryOWL und an unserem Institut schon viel Erfahrung beim Transfer in Richtung industriellen Mittelstand. Diese Erfahrungen können wir natürlich auch auf das Handwerk übertragen. Auch wenn wir in den vergangenen Jahren häufiger mit Handwerksbetrieben zu tun hatten und sich viele Technologien bereits anwenden lassen, ist das Handwerk ein spezielles Segment und ein sehr wichtiger Teil unserer Wirtschaft. Deswegen haben wir über das Projekt die Aufgabe, diese Technologien weiterzuentwickeln und sie handwerkstauglicher einsetzen zu können.
Wie können Handwerkende bzw. Handwerksbetriebe von KI-Anwendungen profitieren?
Handwerksbetriebe können auf vielfältige Weise von KI profitieren, denn auch das Handwerk ist ja sehr vielfältig in Deutschland und in NRW. Von Friseurbetrieben über Bäckereien bis hin zu Tischlereien können unterschiedliche KI-Anwendungen eingesetzt werden. Optimierungen bspw. im Energiebereich sind dabei für viele Betriebe interessant. Aber auch das Thema Augmented Reality – wie kann ich Konfiguratoren oder Simulatoren einsetzen, um meine Prozesse überhaupt anleiten zu können? Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Fachkräftemangels versucht man, neue Mitarbeitende schneller anzulernen und schneller an den Prozess heranzuführen. Da können KI-basierte Assistenzsysteme eine gute Lösung bieten, um diesen Prozess zu vereinfachen und die Lücke zwischen der älteren Generation und der jüngeren Generation zu schließen.
Kannst du anhand eines ausgesuchten Beispiels hier in der SmartFactoryOWL beschreiben, welche KI-Anwendung im Handwerk denkbar wäre?
Viele Handwerksbetriebe haben ja noch ein paar ältere Werkzeuge. Wir haben hier in der SmartFactoryOWL als Demonstationsobjekt eine ältere Bohrmaschine von 1989 und haben uns die Frage gestellt: Wie können solche Bestandsanlagen weitergeführt aber trotzdem an die digitale Welt angebunden werden? Da helfen zum Beispiel Daten, die wir aus dieser Maschinen aufnehmen können, wie die Stromverläufe, die Temperatur, die Umdrehungen usw. Das können wir mit einem Retrofitting ganz gut nachrüsten. Das heißt, man kann mit Sensoren, die wir an den Werkzeugen anbauen, diese ganzen Informationen erfassen und niederschwellig visualisieren. Mit unterschiedlichen Sensoren von Kamera über Vibrationssensoren usw. lässt sich ein ganzes Spektrum abbilden, um den Prozess zu verstehen. Dass, was wir als Mensch eigentlich sehr gut audiovisuell, vielleicht auch haptisch an den Maschinen erkennen können, das kann dann die KI übernehmen und uns eine Handreichung dazu geben, wie der Zustand der Maschine und der Produkte ist. Viele Handwerksbetriebe profitieren davon, weil viele Betriebe mit älteren Anlagenwerkzeugen weiter gut arbeiten können und dieses Nachrüsten niederschwelliger ist als sich eine komplette Neuanlage zu kaufen.
Was möchtet ihr im KIDiHa-Projekt erreichen?
Wir möchten im KIDiHa-Projekt möglichst viele Betriebe in NRW ansprechen und den Digitalisierungsgrad bei Handwerksbetrieben erhöhen. Aber vor allem möchten wir Leuchtturm- und Best Practice Beispiele schaffen, die Erfolgsgeschichten für andere Handwerksbetriebe darstellen. Wir haben auch geplant einen Showroom hier aufzubauen. Dort können sich natürlich viele Handwerksbetriebe informieren und praxisnahe Beispiele anschauen. Ich glaube das ist das Allerwichtigste. Dass Handwerksbetriebe gute Beispiele vorgelebt bzw. praxisnah demonstriert bekommen um selber motiviert zu werden, eigene Prozesse und Lösungen anzugehen.
Welche KI-Trends siehst du in den nächsten Jahren als relevant für das Handwerk?
Ich glaube, dass viele Trends wie jetzt gerade generative KI, sich auch für das Handwerk sehr gut übertragen lassen. Chatbots und die Generation von sehr künstlerischen oder kreativen Inhalten ist inzwischen sehr verbreitet und zugänglich. Ich denke, diese Technologie hat großes Potenzial ins Handwerk zu kommen und neue Aspekte und Möglichkeiten zu schaffen.